Tiger & Bettvorleger – Ein erster Rückblick 2010

Die ersten Product Placements im deutschen Fernsehen sind als Tiger gesprungen und als Bettvorleger gelandet. M&M’s sollten laut Werbefachpresse schon im April die erste Platzierung im deutschen Fernsehen sein. Bei Stefan Raab fand sicherlich so manche Marke daraufhin Beachtung. Der Ball für die kleinen Schokoladenbonbons gehörte aber nicht dazu. Auch real dürfte in der Rückschau festgestellt habe, dass der Auftritt in den Meisterköchen – im Rahmen der Möglichkeiten einer Handelskette – gar nicht so schlecht. Die Umprogrammierung auf einen schlechteren Sendeplatz dürfte aber das Vertrauen in das Instrument deutlich geschmälert haben. Was ist passiert?

Ausgangspunkt dürfte ein Fehlverständnis für die Möglichkeiten von Product Placement gewesen sein. Die Vorstellung, dass das Instrument nur im Zusammenwirken einer umfassenderen Kampagne möglich ist, ist nicht richtig. Die Platzierung von Produkten sollte der Ausgangspunkt der Überlegungen sein. Erst wenn diese gut – das heißt, glaubwürdig in eine Handlung eingebunden – ist, sollten Unternehmen über weitere Maßnahmen nachdenken. Dass dies nicht im Interesse von Werbezeitenvermarktern ist, sei dahingestellt. Schließlich muss der Köder dem Fisch und nicht dem Angler schmecken.

Damit wäre ein Geburtsfehler in diesem Jahr skizziert. Der zweite liegt ebenfalls in einem mangelnden Verständnis für das Instrument begründet. Product Placement gehört primär in das fiktionale Fernsehen. Zwar sind auch Einbindungen in Shows möglich. Doch es ist kein Zufall, wenn in 125 Jahren Geschichte des Instrumentes ausschließlich über Spielfilme gesprochen wird – seien es Stummfilme, Screwballs in den 30er bis zu den Bond-Filmen der Neuzeit. Glaubwürdige Einbindung von Marken und Produkten kann nur gelingen, wenn sie im Alltag gezeigt werden. Der Aufbau solcher medialen Welten geschieht aber fast ausschließlich in fiktionalen Filmen.

Dies aber braucht Zeit. Im Gegensatz zu anderen Instrumenten des Marketings wirkt Product Placement unterschwellig. Kurzfristige Ansätze greifen hier zu kurz. Die in manchen Diskussionen geäußerte Kritik, dass das Instrument in Filmen ja erst mit einem Verzug von Monaten wirksam wird, ist gerade seine Stärke. Dies hat in der Vergangenheit bei der Platzierung in Kinofilmen niemanden gestört. Ob Mercedes-Benz in „Keinohrhasen“ oder Fressnapf in „Männerherzen“ – die Platzierung folgte aus gutem Grund in solchen Filmen, auch wenn zwischen Dreharbeiten und Premiere Monate liegen. Sie war jeweils gut, glaubhaft und erzielte ihre Wirkung. Diese Wirkung wird auch einsetzen, wenn sich die werbetreibenden Firmen auf Filme konzentrieren und das Instrument als Image fördernd in den Marketingmix einbauen.

Allerdings wird dann die Auswahl auf den privaten Sendern deutlich geringer sein, da die fiktionalen Produktionen dort in den letzten Jahren stark zurückgegangen sind. Es könnte zu dem verblüffenden Phänomen kommen, dass gerade die „alten Tanten“ ARD und ZDF hier zum Innovationsmotor werden, verfügen sie doch über die größte Zahl an fiktionalen Stoffen in Deutschland.

 

Autor: Otto Kettmann von Kettmann & Partner