Ist für einen Verbraucher offensichtlich, dass es sich bei einem Beitrag um Werbung handelt, muss dieser nicht ausdrücklich als Werbung gekennzeichnet werden. So hat das OLG Hamburg vergangene Woche zugunsten einer prominenten Influencerin aus Hamburg entschieden (Urteil vom 02.07.2020 15 U 142/19). Die Begründung ist: Verbraucher sind klug genug, um den kommerziellen Zweck der Beiträge zu erkennen.
Zum Hintergrund
Mit ihrem Instagram-Kanal über Beauty, Mode und Lifestyle, der rund 1,7 Millionen Mal abonniert wurde, verdient die Hamburgerin ihren Lebensunterhalt. Ihre Beiträge kennzeichnet sie nur dann als Werbung, wenn sie hierfür eine Bezahlung von Unternehmen erhält, deren Produkte gezeigt werden. Wegen dieser Vorgehensweise ist ein Wettbewerbsverband gegen die Influencerin vorgegangen. Gegenstand des Streits sind drei Beiträge, in denen sie unentgeltlich auf die Hersteller der Produkte hinwies und die Instagram-Accounts der Hersteller verlinkte. Als Werbung kennzeichnete die Influencerin die Beiträge jedoch nicht.
Die Entscheidung des OLG Hamburg: Instagram-Beiträge sind geschäftliche Handlung
Anders als das OLG München in einem ähnlichen Fall in Sachen Cathy Hummels (Az. 29 U 2333/19), welches schon eine geschäftliche Handlung verneinte, qualifizierte das OLG Hamburg die Instagram-Beiträge als eine geschäftliche Handlung. Die Richter des OLG Hamburg argumentierten, die Influencerin habe mit den Beiträgen einerseits das Ziel verfolgt, auf die Produkte der jeweiligen Hersteller aufmerksam zu machen und andererseits ihre eigene Bekanntheit zu steigern.
Die fehlende Kennzeichnung sei dennoch nicht wettbewerbswidrig, so das OLG Hamburg. Verbraucher seien sich der kommerziellen Ziele hinter dem Instagram-Auftritt der Influencerin bewusst. Der kommerzielle Zweck solcher Postings sei bei professionell ausgestalteten Beiträgen, die mit rund 50.000 likes bewertet werden und auf einem Instagram-Kanal erscheinen, der für alle Nutzer zugänglich ist, auf den ersten Blick erkennbar. Dies sei selbst dann der Fall, wenn die Influencerin die Beiträge in eine private Aufmachung kleide. Insoweit zog der Senat eine Parallele zu Printmedien: auch dort seien Produktempfehlungen von Redakteuren seit langem ein beliebtes Mittel zur Verkaufsförderung und müssen nicht gekennzeichnet werden, solange die Empfehlungen nicht vergütet werden.
Eine ausdrückliche Werbekennzeichnung sei darüber hinaus nicht ausschlaggebend für eine Kaufentscheidung der Instagram-Nutzer. Entscheidend sei für Follower von Instagram-Accounts alleine, welche Produkte von dem Influencer dort beworben werden. Im Ergebnis gelangten die Richter des OLG Hamburg damit zu demselben Ergebnis wie die Richter des OLG München zugunsten der Influencerin.
Eine höchstrichterliche Entscheidung steht noch aus
Obwohl ein positiver Trend für Influencer in der Rechtsprechung zu verzeichnen ist, besteht nach wie vor keine Einheit darüber, ob Werbung kenntlich gemacht werden muss oder nicht.
Die Entscheidungen zu den Influencerinnen Pamela Reif (Az. 13 O 38/18), Cathy Hummels (Az. 4 HK O 14312/18) und Vreni Frost (Az. 5 U 83/18) haben die wettbewerbsrechtlichen Anforderungen für Posts in den sozialen Netzwerken zwar konkretisiert. Nach wie vor lassen die Gerichte aber eine einheitliche Linie vermissen.
Eine höchstrichterliche Entscheidung steht noch aus. Ebenso wie das Oberlandesgericht München hat auch das Oberlandesgericht Hamburg die Revision zugelassen. Dies könnte bald Klarheit bringen.