Die Vorbereitungen zum Film „Die Blechtrommel“ fielen in die 70er Jahre. Das Buch selbst war im damaligen Polen – wie im gesamten Einflussbereich der UdSSR – verboten. Mithin rechnete der Regisseur nur damit, einen sehr geringen Teil der Dreharbeiten am Ort des Romans auch verwirklichen zu können. Am Ende wurden es dann fast drei Wochen, etwa die Hälfte der Dreharbeiten. Bei Besichtigungen vor Ort wurden Schlöndorff zwei Dinge klar. Die Orte standen fast so da, wie sie im Buche beschrieben wurden, das in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts spielt. Umgekehrt war es ihm aber unmöglich, seinen filmischen Ansatz dort zu verwirklichen. Die Welt der Hinterhöfe erscheinen in den Augen des kleinen Oskar riesig, während die Realität natürlich die verwinkelten und winzigen Höfe zeigt. So musste er in manchen Dingen auf das Studio oder auch andere Drehorte ausweichen. So entstanden die Aufnahmen in der Polnischen Post in Zagreb – in den 70er Jahren beliebtes Ziel von Filmemachern.
Gleichwohl gibt es eine Vielzahl eindrücklicher Szenen, die in Danzig entstehen. Die Pension Flora, in der sich Oskars Mutter Agnes mit Jan Bronski trifft, liegt in der Tischlergasse, der heutigen Ulana Stolarska. Auch die Auftaktszene, in der Oskars Großmutter einen Flüchtigen unter ihren Röcken auf einem Kartoffelacker versteckt und dabei Agnes gezeugt wird, wird im Danziger Werder gedreht. Der Originalacker konnte zum Leidwesen des Autors Günther Grass nicht genutzt werde, da dort inzwischen der örtliche Flughafen liegt.
Auch zwei der spektakulärsten Szenen des Filmes entstanden vor Ort. Die eine Szene spielt im Strandbad Brösen (heute Brzezno). Dort wird der junge Oskar (inzwischen 17jährig und immer noch ca. einen Meter groß) sein erstes sexuelles Erlebnis mit der Angestellten seines Vaters haben. Diese Szene führte in mehreren Ländern zu Rechtsstreitigkeiten. Bereits zuvor hatte der junge Oskar seinen Protest gegen die Welt heraus geschrieen, nachdem er seine Mutter mit ihrem Liebhaber gesehen hatte. Der Schrei vom Stockturm gegenüber dem Langgasser Tor lässt die Fenster des Theaters zerspringen.
25 Jahre später kehrte Schlöndorff in ein völlig anderes Polen zurück. Dies galt für das Land, das nach dem Kalten Krieg inzwischen zur Demokratie gefunden hatte. Beim Thema hingegen nahm er sich wieder großer geschichtlicher Ereignisse an. Dieses Mal wurde aus der Perspektive der Danziger Kranführerin Agnieszka Walentynowicz ein Bogen von den 60er bis in die 80er Jahre geschlagen. Die Dreharbeiten fanden auf der Danziger Lenin-Werft statt, auf der auch das Vorbild der Kranführerin über 30 Jahre gearbeitet hatte.
Für Schlöndorff und seine Hauptdarstellerin Katharina Thalbach schloss sich hier ein Kreis. Auch wenn nicht außerhalb der Werft gedreht wurde, so waren sie doch im Seebad Brösen untergebracht, das schon bei „Die Blechtrommel“ eine wichtige Rolle gespielt hatte.
Nachweise: Volker Schlöndorff: Licht, Schatten und Bewegung, München, 2008; Copyright der Filmbilder: Kinowelt („Die Blechtrommel“) und Bayrischer Rundfunk („Strajk“), Titelbild: Hirsch Reisen
BEO-Autor: Otto Kettmann
Wer mehr zum Thema „Location Placement“ erfahren will, findet Informationen auf Otto Kettmanns Experten-Blog locationplacement.de