Merkwürdiges Timing einer Debatte

Das „Handelsblatt“ legte dann Ende der letzten Woche nach. Auch dabei gab es eigentlich nichts Neues. Die Bilderstrecke zeigte die sattsam bekannten Beispiele und präsentierte sie wie einen aufgewärmten Eintopf. Im Unterschied zum SPIEGEL mischte das Blatt in der zugehörigen Bilderstrecke aber so unterschiedliche Dinge wie Gewinnspielkooperationen, Filmausstattungen, Public Relations und Werbeverträge von Moderatoren zusammen.

Für eine differenzierte Betrachtung scheint nur wenig Platz zu sein. Die Form von Markenauftritten im deutschen Fernsehen ist sehr vielfältig. Sie beginnt bei der Bandenwerbung im Sport, setzt sich in den unterschiedlichsten Gewinnspielkooperationen und der Ausstattung von Moderatoren fort und endet mit den bekannten Product Placement im internationalen Kino, das trotzdem große Unterhaltung bietet. Aktuell wird aber lediglich auf ein Konstrukt hingewiesen, das schon seit Jahren dem interessierten Publikum bekannt ist.

Verfolgt man die großen Debatten zum Product Placement so liegt der Verdacht nahe, dass hier zwar der Bock geschlagen wird, der Gärtner aber gemeint ist. 2005 wurde im Zuge durchaus berechtigten Vorwürfe rund um die Platzierung von Produkten in der Daily Soap „Marienhof“ das gesamte Instrument kriminalisiert. Von Mafiamethoden war die Rede. Für Günter Struve tat sich ein Abgrund an Kriminalität auf – ausgerechnet bei ehemaligen Programmdirektor des WDR, in dessen Amtszeit die Klassiker (Nesquick und „Lindenstraße“; Paroli und Schimanski) fielen. Die Debatte fiel aber auch zeitlich damit zusammen, dass in der Medienpolitik sehr intensiv darüber diskutiert wurde, wie und in welchem Umfang die öffentlich-rechtlichen Sender Gebührengelder für die eigenen Internetauftritte verwenden dürfte. Insbesondere der Verband deutscher Zeitschriftenverleger stand den Aktivitäten äußerst kritisch gegenüber. 

Da wir seit Beginn des Jahres erneut eine intensive (und berechtigte) Debatte über Umfang und Verwendung der Budgets des öffentlich-rechtlichen Rundfunks haben, liegt der Verdacht nahe, dass mit Hilfe der aufgewärmter „Schleichwerbe“-Vorwürfe diese Sender in Misskredit gebracht werden sollen.

Prüft man nämlich die Substanz der Vorwürfe, bleibt relativ wenig übrig, wie auch das ZDF feststellt. Bereits 2005 wurden Kooperationen mit Dritten veröffentlichungspflichtig. Wer „Wetten, dass …?“ sieht, wird feststellen, dass auf die Zusammenarbeit mit Firmen stets hingewiesen wurde. Auch ist die Dolce Media als Vermarktungspartner der Show seit langem bekannt und aktiv. Wenn im Einzelfall Unternehmen bei der Moderation durch Thomas Gottschalk besonders positiv erwähnt wurden, so dürfte dieses eher der Dynamik des Augenblicks in einer Lifesendung geschuldet sein.

Bleibt abschließend anzumerken, dass mit den Änderungen des Rundfunkstaatsvertrages im Frühjahr 2010 das Thema auf solide Beine gestellt wurde. Verstöße gegen das Trennungsgebot von Werbung und Programm wird es immer wieder geben. Diese können vermutlich auch bei größter Sorgfalt nicht verhindert werden. Dies gilt auch für Zeitungen und Zeitschriften. Allein 2012 rügte der Deutsche Presserat sechs Fälle teils namhafter Publikationen, die sich nicht an das Verbot gehalten haben.

 

Autor: Otto Kettmann

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