TV-Insights kamen von Gerhard Zeiler, ehemals CEO der RTL Group, der bei Turner Broadcasting zahlreiche internationale Kanäle verantwortet und in seiner Keynote auf „TV everywhere“ setzt. Angesagt ist eine Parallelnutzung, also untertags TV via Smart Phone und Computer, am Vorabend und Hauptabend TV-Konsum via TV-Gerät. Man müsse es den Konsumenten leicht machen, TV überall anzusehen. Der Schlüssel liege dazu nicht nur in der technischen Standardisierung, sondern vor allem in der Rechtevergabe, den Inhalt überall zeigen zu können. Die Wirkung von gutem Storytelling sowie von Live-Events und der Zauber des Mediums TV werde sich seiner Meinung nach nicht ändern.
Auf Agenturseite appelliert Manfred Kluge, CEO der Omnicom, an die Vermarkter: “Der TV-Branche geht’s gut, wenn ich mich hier so umsehe. Backen Sie liebe Vermarkter, kleine Brötchen, denn die Situation auf Kundenseite ist nicht immer ganz so rosig, wie sie hier beschrieben wird“, und erntet damit Beifall. Reallife-Formate würden günstig produziert und liefen immer schlechter. Um die Stärke von TV für die Zukunft zu erhalten, sollte TV stärker in Inhalte und Kreativität investieren. Die Fragmentierung sei schwierig: Eine größere Produktauswahl erhöht die Produkte und Marken, die im „Relevant Set“ stehen. 50-70 Prozent der Bevölkerung nutzt Second Screen, aber die Wahrheit ist, dass derzeit dort max. 5-15% der Nutzungszeit investiert werden. Das bringt Kluge dazu darüber nachzudenken: Wollen wir tatsächlich, dass das Programm 1:1 über den Second Screen genutzt wird? Content sei und bleibe King und der Kunde werde ihn finden. Eine ideale Zielgruppenausschöpfung im Sinne des Kunden habe man jedoch nur dann, wenn der die Botschaft im Kopf und im Herzen behalten kann.
Mirja Schneider, Volkswagen AG und Oliver Blecken, Mediacom konnten mit „Onething – 2Screen – Realtime Advertising“ eine große Anzahl von Konsumenten an die Marke VW binden. Der Golf 7 weist mit über 40 Mio. Menschen in Deutschland eine extrem breite Käuferzielgruppe auf. Die Idee wurde entwickelt, Dinge zu teilen, die das Leben besonders machen. „Wen möchte man küssen, wenn es nur einer sein darf.““ Welches Lebensmittel würde man essen wenn man nur eines wählen kann“, etc. Geteilt wurde dies auf der zentralen Plattform „Onething“.
Für 2Screen entschied man sich für die Frage „Welches Lied ist das beliebteste Lied des Landes? Welches möchten Sie hören, wenn es nur ein Lied gibt….“ Als passendes Realtime Advertising-TV-Umfeld wählte man „Xavier and Friends“ aus, das im Vorfeld zu „The Voice of Germany“ gesendet und für das ein hohes Social TV Buzz-Potential ermittelt wurde. Im ersten TV-Spot wurde auf das Projekt verwiesen. Im zweiten Sport wurden bereits die ersten Angaben der Teilnehmer zu ihren Lieblingssongs eingefügt. Der Spot wurde in Real Time Production während der Sendung erstellt. Es war „Music“, der Song von John Miles, der schließlich das Rennen machte.
Die Aktion fand lediglich in einer TV-Folge statt. Sie wurde nur mit Spots und nicht mit Integrationen im Programm gestaltet. Trotzdem handelt sich hier um einen innovativen Case, dessen Wirksamkeit mit 32.000 Visits während der TV-Sendung zu belegen ist. Man konnte einen beständigen Basis-Traffic erkennen. Während das Sendeformat bespielt wurde, ging der Traffic um den Faktor zehn hoch, davon das vier bis sechsfach über mobile Endgeräte. Das Involvement wurde gesteigert.
Spannendes aus der Wissenschaft
Hirnforscher Dr. Kai Fehse von der LMU München, plädiert dafür, dass Werbung die Emotion „Freude“ ansprechen soll. Dies sein die einzige Emotion, auf die wir in diesem Zusammenhang reagieren würden. Grundsätzlich nehmen wir alles wahr, aber nur ein Prozent können wir explizit zuordnen. D.h. wenn wir Hunger haben und das McDonalds-Logo sehen, dann finden wir es um ein Vielfaches schöner als sonst. Fehse plädiert für kreative Spots, die es schaffen, das Dopamin in unseren Gehirnen freizusetzen und uns ein Glücksgefühl zu vermitteln.
Auch Prof. Werner Reinartz von der FH/Universität zu Köln bestätigt, dass sehr kreative Werbung zu 40 Prozent besser funktioniere als andere, wie seine Studie belegt. Er startet einen Aufruf an die Werbeindustrie, sich diese Erkenntnis zunutze zu machen und uns besonders kreative Spots anzubieten.
Und das geschah vor Ort im Hinblick auf Multiscreen, Product Placement und Live-Performances
Die Veranstaltung wurde per Live-Stream in die Sendehäuser übertragen, damit die Kollegen dort das Programm mitverfolgen konnten. Zudem wurden die Sieger der Gewinnspiele (u.a. eines Fluges, der am selben Tag von Düsseldorf zu einem Ort nach Wahl startete) per SMS vom mobilen Endgerät ermittelt.
Der Einsatz von Multiscreen während der Veranstaltung war jedoch, man könnte sagen, dem deutschen Naturell entsprechend, zurückhaltend. Ein Blick auf die internationalen Veranstaltungen der Branche zeigt Tweets, die in Realtime auf den Kongress-Screens eingeblendet werden und in Vorträge und Diskussionen mit einfließen. Damit kann man ganz einfach und unangestrengt „multiscreen“ betreiben.
Der schlagfertige Moderator Wolfram Kons wies als Running Gag immer wieder geschickt und deutlich auf das grüne Vitra-Sofa hin, auf dem die Diskussionsrunden stattfanden. Product Placement vor Ort! Und dann gab es noch ein schönes Live-Event: Im Abendprogramm trat „The Voice of Germany“-Gewinner Nick Howard auf und begeisterte die Teilnehmer aus der Medienbranche.
Über den Veranstalter Wirkstoff-TV
Martin Krapf ist neuer Geschäftsführer der Initiative Wirkstoff TV, in der sich zahlreiche Medienhäuser wie IP Deutschland, SevenOne Media, ARD-Werbung Sales & Services, El Cartel Media, Discovery Communications, Be Viacom, Constantin Sport Marketing, iq media marketing, Sky Media Network zusammengeschlossen haben.
Fotos: BEO / SF
BEO-Autorin: Sandra Freisinger-Heinl