Es gab die Zeit, in der sich Unternehmen durch die Vermarktung ihrer Produkte und Leistungen gezielt positionieren und damit von der Konkurrenz abheben konnten. Mittlerweile lässt sich eines klar erkennen: Die „Experience“ ist als entscheidendes Element dazu gestoßen – heute ermöglichen Marken ihren Zielgruppen Erfahrungen bzw. Erlebnisse.
Die Entwicklung von Branded Entertainment in den vergangenen Jahren beweist eben diese steigende Bedeutung des Erlebnischarakters im Marketing. Schließlich ist Branded Entertainment bei Weitem nicht nur Unterhaltung, sondern eben auch Erfahrung. Man spricht sogar direkt von der „Branded Content Experience“, wie zum Beispiel im Posten-Case mit dem Titel „Giving is the greatest gift“.
Was ist nun das Besondere an dieser Entwicklung? Produkte und Dienstleistungen stellen, während sie gebraucht, verbraucht oder in Anspruch genommen werden, trotz der Verbindung zum Konsumenten eine Welt „außerhalb“ der Person dar. Die Erfahrung wiederum ist eine persönliche Angelegenheit, sie entsteht in direkter Verbindung mit den Emotionen quasi „in ihr“, sei es durch ein emotionales, physisches, intellektuelles oder spirituelles Erlebnis. Die Besonderheit ist dadurch: Keine zwei Menschen durchleben dieselbe Erfahrung. Die einzige bedeutende Gemeinsamkeit ist das Unternehmen, welches diese Erfahrungen möglich macht (vgl. Pine / Gilmore 2011: 17). So ist die „Experience“ mittlerweile ein hilfreiches, vielleicht sogar notwendiges Tool, um sich als Marke zu positionieren und eine individuelle, emotional wertvolle Beziehung zu seinen Zielpersonen zu pflegen und zu erhalten.
Paradebeispiele hierfür findet man oft bei Coca-Cola. Coke Zero beispielsweise ermöglichte jungen Männern ganz persönliche Begegnungen und Trainingseinheiten mit ihrem Idol Wayne Rooney in den Britischen Format „Wayne Rooney’s Street Striker“.
Doch was macht eine „Experience“ genau aus? Die Theorie differenziert hier zwischen verschiedenen Formen und bestimmten Kernelementen, die ein Projekt mit Erlebnischarakter enthalten sollte. Um nur einige zu nennen:
Z.B. unterscheidet man zwischen passiver Partizipation der Zielpersonen, die die Erfahrung nicht unmittelbar beeinflussen, sondern eher Zuschauer, Beobachter sind, und aktiver Partizipation: Hier beteiligen sich Personen so an einem Projekt, dass sie einen wesentlichen Teil dazu beisteuern und das Geschehen entsprechend verändern (vgl. Pine / Gilmore 2011: 45). Oft dreht es sich in diesem Fall um user-generated-Elemente, wie in der aktuellen Kampagne von Vodafone.
In diesem Zusammenhang kann man die Verbindung zwischen Projekt und Einzelperson in zwei Dimensionen unterteilen: Einerseits spricht man von „Absorption“, wenn eine Person ein Erlebnis in sich aufnimmt, also z.B. zuschaut. Andererseits bedeutet die „Immersion“, dass die Person so an dem Erlebnis beteiligt ist, dass er oder sie in die Erfahrung eintaucht (vgl. Pine / Gilmore 2011: 45-46). Für Branded Entertainment eignen sich hier beispielsweise spielerische Elemente im Konzept, um einen hohen Grad an Immersion zu erreichen. Das Adidas Game, zeigt wie das geht!
Mit Sicherheit werden wir in Zukunft noch eine Vielfalt an bunten Ideen im Branded Entertainment beobachten können, die uns neue, unvorhergesehene Erlebnisse verschaffen. Wünschenswert wäre, wenn die Content-Entwickler bei dieser anspruchsvollen Aufgabe Unterstützung von Seiten der Forschung bekommen, z.B. durch empirische Wirkungsanalysen und strategische Empfehlungen. Dies wäre eine unschätzbare Hilfe, damit neue werbewirksame und unterhaltende Angebote entstehen, die gleichzeitig noch einen besonderen Beitrag für die Konsumenten leisten.
Denn wir müssen uns an dieser Stelle bereits fragen: Was kommt nach der „Experience“? Und die Antwort ist: Die Transformation. Wenn es gang und gäbe ist, dass Marken Erlebnisse schaffen und Projekte mit Überraschung und Spannung füllen, dann werden die ersten anfangen, sich auch hier wieder von der Konkurrenz abheben zu wollen. Dann geht es, nach Meinung einiger Autoren, darum, die Sehnsüchte des Einzelnen nicht nur zu kennen und zu verstehen, sondern als Marke auch zu den nötigen Veränderungen beizutragen, damit diese erfüllt werden (vgl. Pine / Gilmore 2011: 255).
Doch auf dem Weg dahin liegt noch viel Arbeit vor uns!
Quelle: Pine II., Joseph B. / Gilmore, James H.: The Experience Economy, Boston 2011
BEO-Autorin: Sophie Berke